Die langen Wellen des Bildungswachstums

Das Bildungssystem wuchs in den letzten 200 Jahren in regelmäßigen Schüben der relativen Bildungsbeteiligung, denen jeweils Stagnationsphasen folgten.


In der Grundlagenforschung sind faszinierende Strukturen entdeckt worden. Die gemeinsame Bildungsgeschichte der Menschen folgt einem verblüffend regelmäßigen Muster, das man allerdings nur bei einem Zeithorizont von mehreren Generationen erkennen kann: Seit dem Übergang von der ständischen Selektion zur Bildungsselektion, seit der funktionalen Verkoppelung von höherer Schule und Universität über das Abitur um 1800 werden bis zur Gegenwart vier verhältnismäßig langanhaltende Wachstumsschübe der relativen Beteiligung an den berechtigenden höheren Schulen bzw. den wissenschaftlichen Hochschulen festgestellt, denen jeweils ausgedehnte Stagnationsphasen folgen. Insgesamt ergibt diese Entwicklung des weiterführenden Bildungssystems einen Trend zur weitgehenden Öffnung der Bildungsselektion. Dieser Trend kann als ein Indikator für die Modernisierung des Bildungssystems angesehen werden, der bis heute 200 Jahre lang angehalten hat und dessen Ende noch nicht abzusehen ist.
Die relative Beteiligung an der höheren Schule stieg von 1800 bis 1991 in Preußen und der alten Bundesrepublik von 1 auf 27 Prozent der 11- bis 19jährigen Bevölkerung. Seit dieser Zeit befinden wir uns in einer neuerlichen Stagnationsphase des Bildungswachstums.
Ein Vergleich von 24 OECD-Staaten aus dem Jahr 2000 zeigt, dass wir uns bei den Studienanfängern des Tertiärbereichs A (Fachhochschulen bis Universitäten) mit 30 Prozent im unteren Viertel (Platz 19) dieser Staaten befinden. In modernen Wissensgesellschaften gilt die Qualifikation der Bevölkerung als eine zentrale Entwicklungsvoraussetzung. Um im internationalen Vergleich nicht noch weiter zurückzufallen, müssen wir so schnell wie möglich auf den Wachstumspfad zurückfinden.

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